Am 8. März habe ich in Albacete an der Demo zum Frauentag teilgenommen. Ich war sehr überrascht, wie viele Leute da waren, Frauen und Männer, oft auch Familien mit Kinder.
Am nächsten Tag konnte man in den Zeitungen lesen, dass in Spanien die Teilnahme am 8. März in den letzten Jahren ausserordentlich gross ist. 350’000 Leute in Madrid, 250’000 in Barcelona dieses Jahr, nach offiziellen Schätzungen. Nirgends – so scheint es – sei der Erfolg des Frauentags so gross. Nur in Argentinien sei die Teilnahme einigermassen vergleichbar. In der Tat wird auch in den Medien viel über Gender-Themen diskutiert und gestritten: es scheint, ein sehr aktuelles Thema zu sein. Wahrscheinlich weil die Gesellschaft in dieser Hinsicht sehr gespalten ist: einer starken feministischen Bewegung steht ein traditionalistisches, katholisch konservatives Lager gegenüber. Die Rechtsbewegung Vox will z.B. die Abtreibung verbieten.
Ich vermute, dass unter dem Franco-Regime, mit seiner Armee-Familie- und Kirchenideologie nötige Veränderungen hinausgezögert oder verhindert wurden, die in der folgenden Zeit nur zum Teil vollzogen wurden; so haben sich auch unter der Konservativen Regierung von Mariano (!) Rajoi einige Probleme angestaut. (Mariano könnte man mit Anhänger Marias übersetzen – Nomen ist manchmal Omen)
Ein grosses Problem hier in Spanien ist die allgegenwärtige Prekarität, die v.a. die Frauen betrifft. In keinem Land werden so viel kurzfristige Arbeitsverträge geschlossen wie in Spanien (gefolgt von Griechenland und Italien). Die Arbeitslosenquote ist zwar gesunken, aber nur zum Preis einer grossen Unsicherheit in der Arbeitswelt. Dass trifft die Frauen am Arbeitsmarkt sehr direkt. Auch die Lohnunterschiede sind weiterhin sehr gross – im Verhältnis 77:100 laut der Tageszeitung « El Pais ».